Warum bewegen uns die US-Wahlen so sehr?
Natürlich ist die Frage rein rhetorischer Natur, denn gewählt wird das Staatsoberhaupt der Hochburg des Kapitalismus, der grössten Volkswirtschaft mit dem am höchsten kapitalisierten und liquidesten Finanzmarkt der Welt. Zwar sind die Entscheidungen der US-Notenbank (Fed) einschneidender für die globalen Finanzmärkte. Die Geldpolitik ist aber letztlich ein wirtschaftspolitisches Instrument, das korrigierend oder unterstützend auf die wirtschaftspolitischen Entscheidungen der Regierung einwirkt. Zum Beispiel dann, wenn die Preisstabilität durch mangelnde Fiskaldisziplin gefährdet ist. Dreht das Fed an der Zinsschraube, beeinflusst das auch die Entwicklung des US-Dollars, der globalen Leitwährung. Höhere US-Zinsen erhöhen die Attraktivität von US-Anlagen und deren Nachfrage. Dadurch verteuert sich der US-Dollar, was jene Volkswirtschaften unter Druck setzt, die in US-Dollar verschuldet sind. Geht es der US-Wirtschaft relativ gut, konsumiert sie mehr, als sie produzieren kann. Davon profitieren die Exportnationen – auch die Schweiz, deren wichtigster Handelspartner mittlerweile die USA sind (Grafik 1). Was aber, wenn die US-Regierung der Ansicht ist, dass die Vereinigten Staaten ihre eigenen Kapazitäten im Inland besser auslasten müssen, oder wenn sie befürchtet, dass der Überkonsum dazu führt, dass sich andere Volkswirtschaften auf Kosten der USA weiterentwickeln? Dann beeinflussen die handelspolitischen Entscheidungen der USA auch den Welthandel. Deshalb gilt der Grundsatz: Die nächste US-Regierung muss uns interessieren – wer auch immer die Präsidentschaftswahl gewinnt.
Grafik 1: Warenexporte der Schweiz nach Ländern
In Millionen Schweizer Franken
Donald Trump zum Zweiten
Der Republikaner Donald Trump steht als 47. Präsident der Vereinigten Staaten fest und wie es aussieht, gibt es darüber hinaus eine «Rote Welle». Bei den parallel zu den US-Präsidentschaftswahlen abgehaltenen Kongresswahlen haben die Republikaner auch im Senat die Mehrheit auf sicher und zum Zeitpunkt dieser Berichterstattung ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass die Republikaner auch im Repräsentantenhaus das Sagen haben werden. Nun stellt sich die entscheidende Frage, wie viel und wann von Donald Trumps politischem Programm tatsächlich umgesetzt wird. Im Augenmerk der Anleger stehen vor allem die Fiskal- und Handelspolitik. Die angestrebten Steuersenkungen für Unternehmen werden ohne gleichzeitig massiv reduzierte Ausgaben das Haushaltsdefizit (Grafik 2) erhöhen. Zudem führen Zollerhöhungen mittel- bis langfristig zu einem höheren Preisniveau. Inwieweit Trumps Drohungen bezüglich Erhöhung der Importzölle in erster Linie dazu dienen, Zugeständnisse von Handelspartnern zu erzwingen, oder ob er sie tatsächlich auch umsetzen wird, ist unklar. Die Schweiz ist als kleine, offene und exportorientierte Volkswirtschaft sowie als internationaler Finanzplatz über den Aussenhandel und die Finanzmarktregulierung massgeblich von der US-Wahl betroffen. Der angekündigte harte Kurs in Sachen Handelspolitik wird für die Schweizer Exportwirtschaft eine Herausforderung. Insgesamt gehen wir davon aus, dass Trumps Pläne im Vergleich zur aktuellen Politik per saldo und erst mittelfristig zu einem schwächeren Wachstum, einer höheren Inflation und einer etwas restriktiveren Geldpolitik des Fed führen werden.
Grafik 2: Haushaltsdefizit der USA
In Prozent des BIP, graue Fläche = Rezession