«Die Menschen vertrauen uns ihr Geld an, das verpflichtet»

Heinz Züllig leitet die Pensionskasse des Ostschweizer Bauunternehmens Stutz AG. Besonders stolz ist er, wenn er in Zürich mit dem Zug über die Letzigraben-Brücke fährt – und auf den hohen Deckungsgrad seiner Pensionskasse.

Heinz Züllig, Sie arbeiten für die Bauunternehmung Stutz AG. Wohnen Sie auch in einem Stutz-Haus?

(Lacht) Ja, zumindest teilweise! Eigentlich wohne ich in einem Holzelementhaus. Aber das Betonfundament ist original Stutz.

Die Stutz AG ist das führende Bauunternehmen in der Ostschweiz und war an der SBB-Durchmesserlinie Zürich, an der Nordumfahrung Zürich, dem Umbau des Fotomuseums Winterthur, der neuen OLMA-Halle in St. Gallen über der Autobahn sowie dem Flawiler Chocolarium beteiligt. Worauf sind sie am meisten stolz?

Es sind alles tolle und wegweisende Bauten, aber die Viadukte gefallen mir besonders. Die Letzigraben-Brücke und die Kohlendreieckbrücke sind die zwei grossen Viadukte, auf denen man aus dem Hauptbahnhof Zürich quer über alle Gleise in Richtung Westen fährt. Die Stutz AG war in dem Konsortium dabei, welches die Brücken gebaut hat. Da bekomme ich heute noch jedes Mal Gänsehaut, wenn ich mit dem Zug darüberfahre!

Sie sind seit über 33 Jahren für das Personal und die Pensionskasse verantwortlich – hatten Sie sich das so vorgestellt?

Nein, überhaupt nicht! Ich hatte eine Banklehre gemacht, war Anlageberater und studierte danach Betriebsökonomie. Nach dem Studium wollte ich einen Job, bei dem ich mit dem Velo zur Arbeit fahren kann, und habe mich deshalb bei der Stutz AG beworben. Die Themen Pensionskasse und Personal waren eigentlich nicht mein Spezialgebiet. Deshalb warnte ich meinen damaligen Chef vor: Er müsse ja nicht das Gefühl haben, dass ich lang bleibe. Damit hat er mich noch Jahre später aufgezogen (lacht).
Sonja Spichtig, Geschäftsführerin der Swisscanto Anlagestiftungen und Heinz Züllig, Leiter Personal und Pensionskasse bei der Stutz AG, im firmeneigenen Wäldchen der Stutz AG.

Und jetzt sind Sie immer noch da. Wie kam das?

Diese Themen sind eben doch spannender als ich dachte. Und die Firma Stutz AG ist ein faszinierender Betrieb. Er wird 2027 150-jährig und wird immer noch als Familienbetrieb in fünfter Generation geführt, mit sehr vielen langjährigen Mitarbeitenden und einem sozialen Herz. An diesem Werk mitzuarbeiten, ist spannend und erfüllend zugleich.

Eine Pensionskasse zu verwalten, stellen sich viele bürokratisch vor. Stimmt das?

Eigentlich nicht – doch die Politik steuert immer mehr darauf zu. Mit der geplanten BVG-Reform wird das System noch schwerfälliger. Ich kann mich erinnern, dass bei Inkrafttreten des BVGs im Jahre 1985 eine 10jährige Übergangsfrist für die Eintrittsgeneration galt, was viel Aufwand verursacht hat. Nun soll es während 15 Jahren unterschiedliche Rentenzuschläge für die Übergangsgeneration geben. Das wird trotz Digitalisierung ein administrativer Marathon. Den beschäftungsgradabhängigen Koordinationsabzug haben wir hingegen bereits eingeführt.

Gehen Bauarbeiter mit 65 in Rente?

Nein, meist ist es früher. Bauarbeiter bis zur Stufe Polier können sich bereits mit 60 Jahren pensionieren lassen. Die ersten fünf Jahre der Rente übernimmt die Stiftung FAR (Flexibler Altersrücktritt). Diese wird zu zwei Drittel vom Arbeitgeber und zu einem Drittel vom Arbeitnehmer im Umlageverfahren finanziert – das ist eine sehr grosszügige Lösung. Momentan weist die Stiftung jedoch einen Deckungsgrad von 71% per 31.12.2022 auf.  Für eine volle FAR-Rente von zur Zeit CHF 5’880.– p.Mt. werden 15 Beitragsjahre verlangt.

Sonja Spichtig und Heinz Züllig auf dem Firmengelände der Stutz AG im thurgauischen Hefenhofen.

Sprechen wir über die Pensionskasse der Stutz AG. Wie ist das Verhältnis von Aktiven zu Rentnern?

Wir haben rund 80 Rentner und 800 Aktive – also ein sehr gutes Verhältnis von 1:10. Unsere Pensionskasse ist gesund und hat einen Deckungsgrad von 136%, das liegt weit über dem üblichen Wert. Wir hatten 2023 eine Performance von 4.5% und verzinsen die Guthaben auch in diesem Jahr mit 4%, das ist auch relativ hoch.

Sie geben die Gewinne also fast 1:1 weiter?

Ja, das ist unser Ziel und dank des hohen Deckungsgrades zurzeit auch möglich. Die Mitarbeitenden vertrauen uns ihre Guthaben an, das verpflichtet. Wir versuchen, das Beste für sie herauszuholen. Was sie damit machen, ist dann ihre Sache. Das heisst: Ob sich die Rentner die Rente auszahlen lassen wollen, etwa wenn sie eine kürzere Lebenserwartung haben oder im Ausland ein Haus bauen möchten, oder ob sie die Rente beziehen wollen.

Eine vollständige Kapitalauszahlung – sehen Sie das nicht problematisch?

Das kommt auf den Einzelfall an. Wir hatten einen Mitarbeiter, der das Geld bezog und in seinem Heimatland mit der Hälfte davon das Haus seiner Familie renovierte und nun dort lebt. Für ihn war der Bezug sinnvoll. In anderen Fällen, wenn man das ganze Kapital konsumiert, bis man nichts mehr hat, ist dies natürlich nicht optimal. Meine bevorzugte Lösung wäre, dass das BVG-Obligatorium immer in Rentenform zu beziehen ist.

In Hefenhofen werden die Baumaschinen der Stutz AG gewartet.

Sie haben einen Teil des Vorsorgekapitals bei der Swisscanto Anlagestiftung angelegt. Wie profitieren Sie davon?

Wir sind wohl einer der langjährigsten Kunden (lacht). Unsere Pensionskasse setzt stark auf Diversifizierung, wir arbeiten mit verschiedenen Anbietern zusammen. Bei der Swisscanto schätze ich, dass ich mich kurz gesagt um nichts kümmern muss. Ich weiss, dass das Geld gut angelegt ist. Wir verwalten insgesamt ein Vermögen von über 188 Millionen Franken. Da ist es gut zu wissen, dass man mit verlässlichen Partnern zusammenarbeitet – welche die Inputs von den Anlegern ernst nehmen.

Ein solcher Input kam auch von Ihnen…

Ja, genau. Ich habe 2018 an der Anlegerversammlung die damals fehlende Übertragbarkeit von Ansprüchen bei der Immobilien Anlagegruppe bemängelt. Ein Jahr später wurde mein Wunsch umgesetzt. Das hat mich beeindruckt und zugleich gefreut, auch weil ich das Gefühl habe, für alle anderen Anleger etwas Gutes getan zu haben.

Also gelebte Solidarität! Ein Wert, der auch bei der Stutz AG hochgehalten wird.

Absolut. Wir kümmern uns gut um die Mitarbeitenden und versuchen Menschen zu integrieren, die eine zweite Chance benötigen. Klar, am Ende muss die Leistung im Team stimmen. Aber wir möchten auch etwas zurückgeben. Wir veranstalten zum Beispiel jedes Jahr ein Gauklerfest für die Mitarbeitenden und ihre Familien, gleich im firmeneigenen Wäldchen neben dem Hauptsitz. Das Wäldchen hat eine lange Geschichte in der Stutz AG. Hier befand sich früher eine Waldschenke. Als die Arbeiter am Sonntag den Lohn bekamen, sassen sie dort oft zusammen. Diese Tradition führen wir im übertragenen Sinne weiter.

Nicht nur die ältesten, auch die jüngsten Mitarbeitenden stehen bei Ihnen im Fokus…

Ja, wir haben seit vielen Jahren einen Lehrlingscoach, der gezielt in Schulen und an Lehrlingsmessen ist und für unsere Bauberufe wirbt. Wir möchten aber nicht nur junge Menschen ausbilden, sondern ihnen auch einen guten Start ins Berufsleben ermöglichen. Deshalb können sie in der Regel auch nach der Lehre noch bei uns bleiben. Momentan haben wir rund 40 Lehrlinge.

Heinz Züllig ist leidenschaftlicher Volleyball-Spieler – und Fan des Teams Volley Amriswil, das die Stutz AG als Sponsor unterstützt.

Sie hatten die Stelle einst angetreten, weil sie so nahe an ihrem Wohnort lag – ist das heute noch wichtig für sie?

Unbedingt! Ich nehme heute noch gerne das Velo – inzwischen ein E-Bike – und radle die 5 Kilometer bis ins Büro, so komme ich auf 2000 bis 3000 Kilometer pro Jahr. Die Fahrt durch Felder, Wiesen und Wälder zusammen mit der jeweiligen Morgenstimmung, den zwitschernden Vögel, das ist unbezahlbar!

Wie erholen Sie sich nach der Arbeit?

Ich unternehme gerne eine Töfftour mit meiner Honda Crosstourer in den Jura, ins Engadin, an den Rheinfall oder besuche ein Spiel des FC St. Gallen, dem ältesten Fussballclub der Schweiz. Meine Herzenssportart ist aber Volleyball, ich spiele selbst und bin ein grosser Fan von Volley Amriswil, zu meinem Glück sponsert die Stutz AG den Club (lacht). Sie haben dieses Jahr den Cup gewonnen, und in der Meisterschaft wurden sie erneut Vize-Schweizermeister! Ausserdem bin ich gerne im Garten. Besondere Freude machen mir meine Indianer-Bananen. In der Schweiz kaum bekannt ist es eine herrliche Frucht, im Geschmack wie ein Cocktail von Mango, Maracuja, Ananas, Vanille und Bananen. Man glaubt es erst, wenn man mal eine probiert hat!

Heinz Züllig, besten Dank für das anregende und interessante Gespräch!

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