Weitere Stabilitätspfeiler im Portfolio: Zwei wegweisende Neubauten in Zürich

Welche Überlegungen stehen hinter der Steuerung und Optimierung eines Immobilienportfolios über Jahre und sogar Jahrzehnte? Sonja Spichtig hat sich mit dem Leiter Portfolio Management Immobilien, Andreas Meier, und Portfolio Manager Rafik Awad über zwei Neubauten im Besitz der Swisscanto Anlagestiftung unterhalten. Diese zeigen exemplarisch, wie durch innovative und nachhaltige Überlegungen Mehrwert geschaffen werden kann – für die Anleger, für zukünftige Mieter und für die Öffentlichkeit.

Rafik Awad, das Manufakt8048 wird demnächst in das von Ihnen mitbetreute Portfolio übertragen. Sie waren bei der Akquisition von Manufakt8048 beteiligt. Was für ein Gebäude ist das und was begeistert Sie daran?

Rafik Awad: Vom Charakter her positioniert sich Manufakt8048 zwischen einer klassischen Büro- und einer typischen Gewerbeliegenschaft. Die Oberflächen beispielsweise sind anders als in einem Bürogebäude, und der Innenhof bringt Licht und Leben in den Bau. Als Zielgruppe sind Firmen angedacht, die zwar in der Produktion tätig sind, jedoch eine hohe Wertschöpfung aufweisen. Beispielhaft sind Mieter, die im Bereich von High-Tech Industries tätig sind und durch innovative Produkte im Herstellungsprozess von Chiptechnologien vom ETH Spin-off zu einer bedeutenden Firma gewachsen sind. Das Architektenteam rund um Theo Hotz hat auf der Fläche von rund 14‘500 m2 ein spannendes Konzept entwickelt. Grossen Wert haben wir daraufgelegt, dass es absolut flexibel nutzbar ist. Zwar wird vieles nach den Bedürfnissen des Hauptmieters gestaltet, doch sollte der einmal ausziehen, ist es mit geringem Aufwand möglich, die Räumlichkeiten anderen Bedürfnissen anzupassen. Ich freue mich jetzt schon darauf, das Gebäude zu erleben, wenn es mit den Mietern zu leben beginnt.

Gutes Stichwort – wie zuversichtlich sind Sie, dass es vollständig vermietet werden kann? Es gibt ja nicht wenig leeren Büroraum im Limmattal.

Rafik Awad: Wir haben guten Grund, sehr zuversichtlich zu sein. 70% der Flächen sind bereits vermietet. Überdies ist die Lagequalität sehr hoch durch die direkte S-Bahn-Erschliessung. Die Stadt Zürich hat rund um den Bahnhof Altstetten Bauland zur Verfügung gestellt, das die gewerbemässige Nutzung erlaubt – ein mutiger und kluger Entscheid, der es jungen und wachsenden Firmen ermöglicht hat, sich hier anzusiedeln. Die Entwicklung dieser Region ist sehr vielversprechend.

Sonja Spichtig, Andreas Meier und Rafik Awad lassen sich von Mischa Schedler, Projektleiter der Steiner AG, den Innenhof der «Manufakt8048» zeigen.

Andreas Meier, wie sehen Sie das als Leiter Portfolio Management Immobilien? Weshalb ist dieses doch eher atypische Projekt für die Anlagestiftung attraktiv?

Andreas Meier: In der Tat, zurzeit gibt es noch kaum Vergleichbares im Portfolio der Swisscanto Anlagestiftung – das notabene rund 250 Liegenschaften und 8 Mrd. CHF Anlagevolumen umfasst! Ohnehin sind Gewerbegebäude eher untergewichtet. Das Ziel ist es aber, Ausgewogenheit sicherzustellen zwischen Wohnen und Kommerz. Und dafür stellt das Manufakt eine ideale Gelegenheit dar. An bester Lage in ein mehrheitlich vermietetes, neuwertiges Kommerzobjekt dieser Art zu investieren, stärkt die Qualität des Portfolios. Nicht zuletzt, weil sich mit diesem Objekt im Vergleich zu Wohnliegenschaften bei adäquatem Risiko eine Mehrrendite generieren lässt.

Wie werden die Entscheidungen für solche Projekte eigentlich getroffen?

Andreas Meier: Das ist ein mehrstufiger Prozess. In einem ersten Schritt entscheiden wir, welche Anlageopportunitäten verfolgt werden oder nicht. Die engere Auswahl wird dann im Detail analysiert und geprüft und schlussendlich bei den Anlagegremien beantragt. Da ist einerseits die unabhängige Anlagekommission Immobilien, bestehend aus externen Experten aus Fachbereichen wie Bau, Entwicklungen und Finanzen, die sämtliche Anträge gründlich «röntgen» und beurteilen. Bei grösseren Investitionen prüft zudem das interne Investment Committee die Investition. Die Beurteilungen erfolgen aufgrund eines breit abgestützten Antrages, der insbesondere die Elemente Risk/Return, Marktfähigkeit, Lagebeurteilung und Bauqualität beschreibt. Damit ist sichergestellt, dass sämtliche wesentlichen Aspekte von unterschiedlichsten Seiten beurteilt werden und in den Entscheid einfliessen, so dass wir für unsere Anleger eine nachhaltige und stabile Investitionspolitik umsetzen können.

Mieterbedürfnisse spielen auch beim zweiten Projekt eine grosse Rolle. Die Wohnsiedlung Trichtenhausenstrasse in Zürich-Witikon erfüllt die Anforderungen des Minergie-P-Eco-Standards. Inwiefern ist dieses Projekt besonders?

Rafik Awad: Wir achten grundsätzlich auf einen sehr hohen Standard bei unseren Neubauten. Eher besonders war der Entscheid – oder vielmehr: die Möglichkeit – eine so grosse Landparzelle in Zürich zu kaufen, wo Baulandreserven ja äusserst knapp sind. Dank der guten Vernetzung und Beharrlichkeit unseres Transaktionsteams ist uns das aber vor langer Zeit, im Jahr 2015, gelungen. Witikon ist sehr attraktiv: die Nähe zur Stadt, die attraktive Lage, die Gemeinde mit ihrer stark wachsenden Bevölkerungsstruktur. Zusammen mit der grösseren Parzelle entlang der Katzenschwanzstrasse, auch in Witikon, wollen wir unterschiedliche Zielgruppen ansprechen und dabei keine Luxuswohnungen, sondern für den Mittelstand bezahlbaren, familienfreundlichen Wohnraum bieten.

Andreas Meier, Rafik Awad und Sonja Spichtig.

Gegenwärtig sind viele Schweizerinnen und Schweizer im Homeoffice. Leere Büros hier, überfüllte Wohnungen da. Spüren Sie eine Veränderung in der Nachfrage – beispielsweise bei der Vermietung von Manufakt8048?

Rafik Awad: Die Vermietung von kommerziellen Liegenschaften ist momentan generell eine Herausforderung. Unsere Vermietungskurve im Manufakt ist aber äusserst positiv. Stand heute sind bereits 70% vermietet. Für den Rest haben wir eine Mietzinsgarantie des Entwicklers für fünf Jahre. Die Wirtschaftlichkeit ist also von Beginn an gegeben. Klar, Corona fordert natürlich auch uns, insgesamt, nicht nur mit Manufakt. Gewisse Mietinteressenten warten mit ihrem Entscheid, bis sie die neuen Bedürfnisse besser erkennen. Vieles wird gegenwärtig überdacht. Für manche kann diese Zeit aber auch die Chance bieten zu reduzieren. Dann spielen Kriterien wie Anbindung, Standort oder Raumqualität das Zünglein an der Waage, um zu sagen: «Wir ziehen um!». Vielleicht sogar ins Manufakt.

Wohin gehen denn die Überlegungen in Bezug auf neue Bedürfnisse im Wohnbereich?

Rafik Awad: Hier gibt es unterschiedliche Meinungen – was die Sache natürlich spannend macht! Brauchen wir ein Zimmer mehr pro Wohnung, fürs Homeoffice? Oder sollten wir das im Gebäude selbst kombinieren mit Co-Working-Spaces? An der Badenerstrasse in Zürich gestalten wir gerade so ein Projekt mit kompakten Kleinstwohnungen und geteilten Arbeitsräumen. So oder so: Ich bin sicher, das Thema Corona wird uns noch beschäftigen.

Andreas Meier: Da stimme ich zu. Die Auswirkungen von Corona aufs Wohnverhalten verfolgen wir sehr eng und berücksichtigen diese bei den bevorstehenden Planungen. Aber wir können noch nicht sagen: «Wir bauen in Zukunft grundsätzlich grössere Wohnungen.» Seien wir ehrlich: Im Moment können wir die Entwicklungen lediglich verfolgen – und bei der Planung müssen wir dann kluge, informierte Entscheidungen treffen.

Rafik Awad, als Portfolio Manager legen Sie die Grundlage für die Steuerung und Optimierung des Liegenschaftenbestandes. Wie tun Sie das konkret, wie gehen Sie vor?

Rafik Awad: Nun, eine zentrale Herausforderung ist natürlich, wie man bei mehreren Hundert Liegenschaften erkennt, ob das jeweilige Einzelobjekt noch in die Strategie passt oder nicht. Respektive zu beurteilen, was für die einzelne Liegenschaft in ihrem ganzen Lebenszyklus die beste Objektstrategie ist. Denn Meinungen sind immer subjektiv, sie führen aber letztlich zu einem sehr interessanten Austausch. Bei einem so grossen Portfolio wie dem unseren ist es nützlich, den Entscheidungen auch handfeste Daten zu unterlegen. Dies tun wir, basierend auf unseren Tools. Das erlaubt uns, in unserer Strategie zwei, drei Jahre vorauszudenken und proaktiv die richtigen Entscheide zu fällen.

Sonja Spichtig, Andreas Meier, Rafik Awad, Thomas Gianora (Swisscanto Invest) und Markus Ott (Swisscanto Invest) bei der Grundsteinlegung an der Trichtenhausenstrasse.

Sie sind neu im Team Portfolio. Welcher Weg hat Sie hierhergeführt?

Rafik Awad: Ich bin gerne ein Generalist, der sich für viele Themen interessiert – der Bereich Portfolio bietet mir genau das. In Kairo geboren, begann ich mit 18 in Deutschland Bauingenieurwesen zu studieren. Später habe ich in Nahost im Bereich der Projektplanung und -steuerung gearbeitet und die Finanzkrise in Dubai miterlebt. Dort sah ich: Projektplanung ist gut, aber dahinter steckt eine eigene, immense Wirtschaft. Als in der Krise alles komplett stillstand, begann ich mich dafür zu interessieren und absolvierte ein MBA im Bereich Immobilien. Ich wollte verstehen, wie die verschiedenen Aspekte der Immobilienwirtschaft zusammenhängen. In die Schweiz kam ich durch puren Zufall. Implenia suchte jemanden mit Nahost-Erfahrung. Ich startete als Projektleiter und wechselte dann in die Projektentwicklung, später auch in die Investorenberatung. In den sieben Jahren bei Implenia durfte ich auch Swisscanto beraten, zu der ich schliesslich wechselte. Zuerst im Bereich Immobilientransaktionen und jetzt im Portfolio Management. So habe ich in der Schweiz mein Glück gefunden, meine Frau kennengelernt und eine Familie gegründet.

Was würden Sie gerne selbst einmal bauen?

Rafik Awad: Eine modulare Wohnüberbauung mit Einheiten, die sich den Bedürfnissen ihrer Mieter maximal anpassen – über deren ganzes Leben hinweg. Wie könnten Räume bei Bedarf zu einer Einheit hinzugenommen oder wieder abgegeben werden? Solche Überlegungen finde ich spannend. Ich denke, modulares Bauen ist ein kommendes Thema. Wir brauchen mehr Flexibilität. Die Nutzungen müssen flexibler werden. Flexibilität ist möglicherweise die Lösung für viele Probleme – und als Investoren müssen wir solche Entwicklungen nachvollziehen.

Wäre eine solche Überbauung zukünftig allenfalls ein weiterer Stabilitätspfeiler für das Immobilienportfolio der Swisscanto Anlagestiftung?

Andreas Meier: Durchaus vorstellbar. Sofern auch die anderen Aspekte wie bei den zwei vorgestellten Projekten im gleichen Masse stimmig sind und wenn insbesondere die Lagequalität so gut wäre, liesse sich damit bestimmt ein stabilisierender Mehrwert schaffen. Und wenn sich mit der erhöhten Flexibilität und der modularen Bauweise eine marktkonforme Profitabilität erzielen liesse, wäre das sicherlich prüfenswert.

Andreas Meier, Rafik Awad – herzlichen Dank für das Gespräch.

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