Wachstumsverlang­samung stellt Normalisierung der Zinsen in Frage

Am 20. März 2019 lud die Zürcher Kantonalbank, gemeinsam mit den Swisscanto Anlagestiftungen und Prevanto, einmal mehr zum Frühjahres-Breakfast-Meeting in den Berner Kursaal ein. Zum reichhaltigen Frühstück wurden spannende aktuelle Brancheninformationen geboten und Fragen wie «Wohin entwickeln sich die Zinsen?» oder «Wie umgehen mit der zunehmenden Diskrepanz zwischen Realität und Gesetzgebung beim Umwandlungssatz?» thematisiert.

«Wohin jetzt?» Laut Dr. David Marmet, Chefökonom Schweiz der Zürcher Kantonalbank, sei dies die brennende Frage, die sich Ökonomen wie Anleger gegenwärtig stellten. Trotz dem guten Start ins 2019 sei fraglich, ob die Wachstumsverlangsamung nachhaltig oder ein Ansteigen der Zinsen in Sicht sei. Marmet überraschte mit einem Blick auf die Zinsen der vergangenen 180 Jahre. In diesem Zeitraum – genauer seit 1830 – hatten sich diese auf Spareinlagen lange Zeit eher gemächlich bewegt. Seit 40 Jahren jedoch geht es turbulenter zu und her. Über den gesamten langen Zeitraum hinweg waren die Zinsen 1992 am höchsten, 2018 waren sie am tiefsten. Tiefgreifende historische Ereignisse wie die Gründung des Bundesstaates, der Sonderbundkrieg oder auch zwei Weltkriege hatten nicht zu solchen Verwerfungen geführt. «Darüber werden unsere Kinder einst ihren Enkeln berichten können», prophezeite Marmet.

Dr. David Marmet referiert über die Entwicklung der Zinsen in den vergangenen 180 Jahren.

Der globale Abwärtstrend bestehe jedoch nicht erst seit der Finanzkrise. So sei etwa sichtbar, dass seit 30 Jahren die globale Sparneigung gestiegen sei, die Nachfrage nach Investitionskapital zurückginge, die Inflationsrate weltweit sinke und die Volatilität der Finanzmärkte abnehme. Alles in allem, meinte Marmet, sehe die Welt nicht so schlecht aus, «aber es ist nicht mehr alles so rosig wie Ende 2018 noch erhofft». Die Zürcher Kantonalbank gehe von einer Wachstumsverlangsamung in China aus. Die «Konjunkturlokomotive» USA sei zwar schlecht ins erste Quartal dieses Jahres gestartet – der Shutdown und schlechtes Wetter zeigten Folgen –, sie werde jedoch von einem sehr starken Arbeitsmarkt gestützt. «7,5 Millionen freie Stellen, das sind historische Höchstwerte.» Für Europa allerdings bestehe weniger Grund für Zuversicht, trotz ebenfalls solidem Arbeitsmarkt samt kräftigem Lohnwachstum. «Gut für den Binnenhandel, doch der Aussenhandel ist von der Wachstumsverlangsamung stark betroffen.» Die Ökonomen der Zürcher Kantonalbank halten einen Zinsschritt in den USA im Bereich von 2,5 bis 2,75 Prozent in den nächsten zwölf Monaten für möglich – nicht jedoch für Europa oder die mit ihren europäischen Partnern stark verbundene Schweiz. Marmets Fazit: «Es gibt kein Anzeichen für steigende Zinsen im Jahr 2019.»

Martin Siegrist bringt das brennende Thema «Umwandlungssatz» auf den Tisch.

«Warum schon wieder Umwandlungssatz?» Diese Frage mögen sich die Eingeladenen mit Blick ins Programm insgeheim gestellt haben, vermutete Prevanto-Vorsorge-Experte Martin Siegrist und versicherte, es lohne sich, das Thema noch einmal auf den Tisch zu bringen. Über die besorgniserregenden Entwicklungen werde zu wenig gesprochen. Das heutige Umfeld – mit Zinsstagnation und gesetzlich festgeschriebenem Vorsorgeniveau – habe Auswirkungen auf die Pensionskassen. Im Markt sehe man heute puncto Umwandlungssatz eine enorme Bandbreite zwischen 4,1 und 7 Prozent – und «wer ausserhalb des Vorsorgebereichs könnte für die nächsten 26 Jahre überhaupt eine Zinsgarantie geben, geschweige denn eine von 4,8 Prozent?»

Aufgrund der Macht des Zinseszinses und der Tatsache, dass rund 50 Prozent des Kapitals der Pensionskassen im überobligatorischen Bereich liegen, ergeben sich für die Kassen zwar noch gewisse Gestaltungsspielräume, doch auch hier führe die Kluft zwischen Realität und Gesetzgebung zunehmend zu falschen Anreizen. «Das Nutzen von Schlupflöchern ist aus der Sicht der Einzelperson nachvollziehbar, aus gesamtpolitischer Sicht aber zu verhindern», betonte Siegrist. Jetzt sei die Politik dringend gefordert.

Die Präsentationen können über anlagestiftung@swisscanto.ch angefragt werden.

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