Wie geht es den Pensionskassen hierzulande? Diese Frage beantwortet einmal mehr die Schweizer Pensionskassenstudie von Swisscanto in ihrer 24. Ausgabe. 483 Vorsorgeeinrichtungen haben daran teilgenommen. Das sind 11 mehr als im Vorjahr und entspricht drei Viertel aller Vorsorgevermögen in der Schweiz mit mehr als 4 Millionen Versicherten. Urs Baumann, CEO der Zürcher Kantonalbank, begrüsste die rund 200 Anwesenden am 29. Mai 2024 im AURA in Zürich.
Flexibilität auch bei den Pensionskassen
«Wer flexibel ist, kann besser mit Wandel umgehen – das gilt im Beruf, im Privatleben und auch bei den Pensionskassen», eröffnete Urs Baumann die Präsentation. Nach dem guten Börsenjahr 2023 sind die Pensionskassen gut aufgestellt. Jede siebte Kasse hat für dieses Jahr Leistungserhöhungen geplant. Allerdings meist nicht in Form einer langfristigen Verpflichtung, sondern mit flexiblen Einmalzahlungen.
Urs Baumann erklärte: «Nach den turbulenten letzten Jahren halten sich die meisten Pensionskassen zurück mit der Erhöhung der Umwandlungssätze. Die Anlagerisiken werden nun vermehrt von den Versicherten getragen.» Will heissen: In einem unsicheren Marktumfeld bevorzugen die Pensionskassen flexible Leistungen anstatt dauerhafter Erhöhungen.
Rendite 2023 höher als im 10-Jahres-Mittel
Einen näheren Blick auf die Performance der Pensionskassen 2023 warf Iwan Deplazes, Leiter Asset Management der Zürcher Kantonalbank. «Wir haben ein überdurchschnittlich gutes Jahr hinter uns», bilanziert er. Die Rendite von 5.1% lag klar über dem 10-Jahres-Mittel von 3.5%.
Allerdings waren die Unterschiede zwischen den Kassen gross. Deplazes verglich jene 10% der Kassen mit der besten und jene 10% mit der schlechtesten Performance im Jahr 2023: «Zwischen diesen Kassen sehen wir Renditedifferenzen von rund 6%.» Die beste Kasse realisierte eine Rendite von 8.2%, die schlechteste hingegen nur 2.3%. Die besten Pensionskassen hatten einen hohen Anteil an Aktien, Immobilien und alternativen Anlagen – und einen tiefen Anteil an Obligationen in ihrem Portfolio. Die illiquideren Anlagen sind in der Vermögensverwaltung zwar etwas teurer. «Unter dem Strich zahlen sie sich aber aus», sagte Iwan Deplazes. Die Anlagerendite als dritte und wichtigste Beitragszahlerin erwirtschaftete in der Periode 2004 bis 2023 38%.
Talsohle bei Umwandlungssätzen erreicht
Heini Dändliker, Leiter Key Account Management der Zürcher Kantonalbank, gab Einblick in die Leistungsseite der Pensionskassen: «Wir verzeichnen eine erfreuliche Erholung beim Deckungsgrad auf 113.5% bei den privatrechtlichen Pensionskassen und auch beim Umwandlungssatz scheint die Talsohle erreicht.» Die Umwandlungssätze haben sich bei 5.3% stabilisiert. Bei der Prognose bis 2029 erwarten die Pensionskassen einen nur noch leicht tieferen Umwandlungssatz von rund 5.2%. Auch die durchschnittliche Verzinsung der Altersguthaben stieg 2023 an, von 1.9% auf 2.4% – wobei auch hier wieder grosse Unterschiede zwischen den Kassen bestehen: Die Verzinsung bei den 10% der Kassen mit der höchsten Verzinsung lag bei 5.96% und die tiefsten 10% verzinsten mit 1%.
Realitäten bei Aktiven und Rentnern ändern sich
Zudem verwies Heini Dändliker auf die Veränderungen auf dem Arbeitsmarkt: Die Teilzeitarbeit ist auf dem Vormarsch, auch bei den Männern. «Diese Aspekte sind wichtig für die Gestaltung von Vorsorgelösungen», sagte Dändliker. Die meisten Pensionskassen tragen dem bereits Rechnung: Rund 90% von ihnen wenden einen Koordinationsabzug abhängig von Lohn oder Beschäftigungsgrad an. «Die Pensionskassen haben sich den neuen Realitäten angepasst», so Dändliker. Sie haben damit ein wesentliches Anliegen der BVG-Reform schon vorweggenommen. Nicht nur bei den Aktiven, auch bei den Rentnern zeichnet sich ein Wandel ab. Nur noch eine Minderheit entscheidet sich für den reinen Rentenbezug. Die meisten wählen eine Mischung zwischen Kapitalbezug und Rente oder einen alleinigen Kapitalbezug.
«Pensionskassen haben Sicherheitsbedürfnis»
Beim anschliessenden Podium entwickelte sich eine lebhafte Diskussion zu den Gestaltungsmöglichkeiten der 2. Säule zwischen Eliane Albisser, Geschäftsführerin bei PK-Netz, Laurent Schlaefli, Geschäftsführer Profond und Präsident inter-Pension, sowie Francesca Pitsch, Leiterin Schweizer Pensionskassenstudie von Swisscanto. Martin Spieler moderierte die Diskussion.
«Der Leistungsabbau ist zu Ende – stehen die Kassen nun besser da?», fragte Spieler. Laurent Schlaefli erwiderte: «Es gab keinen Leistungsabbau. Wir haben seit 20 Jahren durchschnittlich gleich verzinst und somit ist das Kapital gestiegen. Der Umwandlungssatz ist insbesondere wegen der steigenden Lebenserwartung gesunken.»
«Die Pensionskassen haben letztes Jahr gute Ergebnisse erzielt und erhöhen ihre Leistungen trotzdem nicht automatisch – warum?», wollte Spieler wissen. «Die Kassen kommen aus einem langjährigen Tiefzinsumfeld mit turbulenten Märkten», erklärte Francesca Pitsch. «Es ist verständlich, dass Pensionskassen deshalb ein erhöhtes Sicherheitsbedürfnis haben und Leistungsverbesserungen mehrheitlich flexibel gewähren.» Dem konnte Eliane Albisser wenig abgewinnen: «Überall lese ich von flexiblen Leistungen. Das verstehe ich nicht. Die 2. Säule gehört zum Sozialversicherungssystem der Schweiz. Eine Pensionskasse hat den Auftrag, Renten auszuzahlen, die sich an der Deckung der Fixkosten orientieren – und nicht an den Börsenmärkten.»
Individuelle Vorsorgepläne auf dem Vormarsch
Auch das Thema individuelle Vorsorgepläne wurde engagiert diskutiert. «Heutzutage wird alles individualisiert, auch die Rente», bilanzierte Francesca Pitsch die Ergebnisse der Studie. Eliane Albisser erachtete die Individualisierung als wenig zielführend: «Mit fünf unterschiedlichen Vorsorgeplänen kann man schon viele Bedürfnisse abdecken. Zu viele individuelle Lösungen erschweren die Verfolgung eines Leistungsziels. Der Wettbewerb um Versicherte unter Sammel- und Gemeinschaftseinrichtungen hat diese Individualisierung noch vorangetrieben. Der Beratungsaufwand steigt, das freut die Broker. Weniger ist aber mehr – auch aus Sicht der Versicherten.» Anderer Meinung war Laurent Schlaefli: «Profond verwaltet rund 5000 unterschiedliche Pläne. Der Kunde soll entscheiden können, was zu ihm passt. Der Wunsch nach Individualisierung ist eine Tatsache.»
Beim anschliessenden Stehlunch nutzten viele die Gelegenheit, sich weiter über die Erkenntnisse der Studie auszutauschen.