Mia Mendez, Sie stehen der Pensionskasse Mitarbeitende P-Schweiz vor – ehemals Pensionskasse der PricewaterhouseCoopers – eines der grössten Beratungsunternehmen in der Schweiz. Was macht eine gute Beraterin aus?
Sie ist authentisch, ehrlich und kompetent. Das sind auch meine Ziele, wenn ich unsere Versicherten bei PwC Schweiz berate. Meist geht es bei den Gesprächen um den Vorbezug von Pensionskassengeldern für Wohneigentum.
Nicht um Pensionierungen?
Nein, das kommt sehr selten vor. Das Durchschnittsalter unserer Beschäftigten liegt bei 34 Jahren. Wir haben 3500 Aktive, 350 Rentner und lediglich fünf bis zehn neue Pensionierungen pro Jahr.
Also traumhafte Zustände für eine Pensionskasse! Und trotzdem haben Sie Rentenalter 65 für Mann und Frau?
Ja, gegenwärtig liegt unser offizielles Pensionierungsalter bei 65 Jahren und 3 Monaten. Das heisst aber nicht, dass sich alle mit 65 pensionieren lassen. Man kann bei uns schon mit 58 in den Ruhestand gehen – oder weiterarbeiten bis 70, wenn man dies möchte. Seit 2019 haben wir die Generationentafel eingeführt und arbeiten mit einem dynamischen Rentenalter. Das heisst, wenn die Lebenserwartung steigt, steigt das ordentliche Pensionsalter. So stellen wir sicher, dass unsere Rentnerinnen und Rentner zuverlässig hohe Leistungen beziehen können.
Gibt es weitere Besonderheiten bei Ihrer Pensionskasse?
Ja, 2005 haben wir die Rente als erste Kasse in einen fixen und einen variablen Anteil aufgeteilt. Das Bonusprogramm zur Altersrente soll die Umverteilung von aktiv Versicherten zu den Rentenbezügern bremsen, denn auch die Rentner sind Teil der Solidargesellschaft.
Wie funktioniert dieses Bonusprogramm?
Zur Grundrente kommt ein Bonusanteil von 12%. Dieser Anteil ist abhängig vom erwirtschafteten Ertrag der Pensionskasse. Ein einziges schlechtes Jahr bedeutet allerdings noch keine Senkung des Bonusanteils. Wir haben Beobachtungsperioden von drei Jahren, während derer wir die Performance unserer Anlagen analysieren. Dies bildet die Grundlage für die Festlegung des Bonusanteils. Im Jahr 2021 zum Beispiel hatten wir eine Periode von drei sehr guten Jahren und so konnten wir den Bonus auf 20% erhöhen für die letzte Rentnergeneration, welche seit 2019 pensioniert wurde.
Die Rentner profitieren also, wenn die Kasse eine gute Performance erzielt?
Genau. Und sie würden einen Beitrag an eine Sanierung leisten, indem der Bonusanteil etwas weniger hoch ausfallen würde.
Auch auf Bundesebene tut sich etwas: Die berufliche Vorsorge soll neu geregelt werden. Was halten Sie von der laufenden BVG-Reform?
In der jetzigen Form hat sie für mich mehr Nach- als Vorteile. Die geplanten Ausgleichsmassnahmen setzen falsche Anreize, weil sie nicht nur den Direktbetroffenen zufliessen. 50% der Versicherten bekommen einen Zuschlag, obwohl sie von der Reform nicht betroffen sind. Sie bekommen Geld, das sie gar nicht einbezahlt haben. Dies läuft dem Kapitaldeckungsprinzip der Pensionskasse zuwider: Eigentlich sollte man bei der Pensionierung das Geld erhalten, welches man selbst angespart hat – zuzüglich des daraus resultierenden Ertrages. Ausserdem werden die jungen Versicherten mit dem aktuellen Vorschlag erst in 28 Jahren entlastet – das dauert viel zu lange. Und: Das System wird mit der geplanten BVG-Reform noch komplizierter und die Verwaltungskosten werden ansteigen.
Schon jetzt bemängeln Kritiker, dass die Pensionskassen höhere Verwaltungskosten ausweisen als die AHV.
Ja, das stimmt. Aber die Pensionskassen leisten auch viel mehr für die Versicherten als die AHV. Die Pensionskassen stellen mindestens jährlich einen Ausweis für die Versicherten aus und stehen jederzeit für Fragen rund um die Vorsorge wie bei Scheidung, vorzeitigem Ruhestand oder Arbeitgeberwechsel zur Verfügung. Das Geld der Pensionskasse bleibt nicht einfach im gleichen Topf wie bei der AHV. Mit jedem neuen Job wechselt die Pensionskasse und man bezieht vielleicht Geld für einen Hauskauf. Bei unserer Pensionskasse bemessen sich die Verwaltungskosten pro Jahr und Kopf auf rund 180 Franken, die Vermögensverwaltung nicht eingerechnet.
Auf der anderen Seite interessieren sich viele Arbeitnehmende kaum für die Pensionskasse. Weil sie denken, dass man sie ja sowieso nicht frei wählen kann. Richtig?
Ja und nein! Es stimmt, dass ein Arbeitgeber meist eine bestimmte Pensionskasse hat oder an eine Sammelstiftung angeschlossen ist. Die Arbeitnehmenden stehen aber meines Erachtens auch in der Pflicht, das Thema Pensionskasse schon bei der Bewerbung zu thematisieren und sich zu informieren, welche Leistungen sie bietet. Darum hier meine Botschaft an alle: «Kümmert euch um eure Pensionskasse!»
Worauf sollten Arbeitnehmende achten?
Sie sollten prüfen, ob die Pensionskasse auch Leistungen im überobligatorischen Bereich ausrichtet – das ist bei rund 85% der Kassen der Fall. Bei Kassen im BVG-Obligatorium sind nur Löhne bis 88’200 Franken im Jahr versichert – und alles, was darüber hinausgeht, nicht. Das ist ein Nachteil für alle, die mehr verdienen. Zudem ist die Höhe der Sparbeiträge entscheidend. Je höher der Prozentsatz, umso schneller äufnet der Arbeitnehmende sein Sparkapital. Ausserdem sollte man darauf achten, welchen Umwandlungssatz die Kasse hat. Jüngere Versicherte profitieren von einem tieferen Umwandlungssatz, weil sie noch viele Jahre bis zur Pensionierung vor sich haben und Vermögen aufbauen können. Für ältere Versicherte ist ein höherer Umwandlungssatz günstig, weil ihre anstehende Rente dann höher ausfällt.
Was sollte man beachten, wenn man Teilzeit arbeitet?
Dann ist es wichtig, dass die Pensionskasse des Arbeitgebers freiwillig einen tieferen Koordinationsabzug gewährt als gesetzlich vorgeschrieben. Laut Gesetz müssen die Pensionskassen erst den Lohnanteil versichern, der über 22’050 Franken pro Jahr hinausgeht (Eintrittsschwelle) – dann werden noch 25’725 Franken abgezogen; der sogenannte Koordinationsabzug. Bei einem Lohn von 42’500 Franken wären also nur 16’775 Franken bei der Pensionskasse versichert.
Und wenn die Pensionskasse des Arbeitgebers das nicht anbietet?
In Zeiten des Fachkräftemangels tragen die meisten Pensionskassen diesem Bedürfnis bereits Rechnung und haben einen tieferen oder prozentualen Koordinationsabzug implementiert. Wer das Thema bei der Bewerbung anspricht, sensibilisiert damit auch automatisch den Arbeitgeber.
Das Thema Finanzen und insbesondere Vorsorge wird in der letzten Zeit viel stärker öffentlich diskutiert.
Zum Glück! Wir versuchen diese Themen auch in unserer Firma in den Fokus zu rücken, zum Beispiel mit Mittagsveranstaltungen oder 15-minütigen Coffee Breaks. Dabei greifen wir aktuelle Themen auf und geben den Mitarbeitenden Raum für Fragen.
Was interessiert die Versicherten?
Oft geht es um Eintritt, Austritt und Wechsel der Pensionskasse. Rund 50% unserer Mitarbeitenden sind international und gehen irgendwann wieder in ihr Heimatland zurück. Das Guthaben aus der Pensionskasse nehmen sie mit. Andererseits kommen Mitarbeitende aus dem Ausland zu uns. Sie können das Pensionskassenvermögen aus ihrer Heimat nicht einfach in die Schweiz transferieren. Zudem können sie sich in den ersten fünf Jahren nur mit maximal 20% des versicherten Lohns in unsere Pensionskasse einkaufen.
Welche sind im Moment Ihre grössten Herausforderungen als Geschäftsführerin der Pensionskasse?
Wir führen ein neues Verwaltungssystem ein, planen Massnahmen zur Umsetzung des neuen Datenschutzgesetzes im September und haben eine ALM-Studie am Laufen, in der wir unsere Anlagestrategie überprüfen. Daneben kümmern wir uns um das Tagesgeschäft.
Es läuft also einiges! Sie arbeiten 100% bei PwC und engagieren sich im Vorstand beim Pensionskassenverband ASIP …
Ja, das mache ich mit Herzblut und dafür nehme ich mir gerne Zeit. Durch die Verbandsarbeit kann ich mich an vorderster Front engagieren und bei der zukünftigen Gestaltung der zweiten Säule mitwirken, damit auch die nachfolgenden Generationen über eine stabile und nachhaltige Vorsorgelösung verfügen.
Was macht für Sie die Faszination an Ihrem Job aus?
Die Vielseitigkeit und Kreativität! Wir haben ein super Team und grosse Freiheiten im Ausgestalten unserer Vorsorgelösungen. Wir arbeiten mit Menschen, haben aber auch viel mit Zahlen, Gesetzen und Regulatorien zu tun. Es ist einfach unglaublich spannend!
Wie entspannen Sie sich von dem umtriebigen Alltag?
Im Sommer bin ich gerne auf und um den Zürichsee. Abends liebe ich es, in einem spannenden Krimi zu schmökern, eine Serie auf Netflix zu schauen oder im Fernsehen Aktenzeichen XY zu gucken, während meine Katze auf dem Sofa schnurrt. Sie ist keine Rassekatze, sondern eine gewöhnliche Katze aus dem Tierheim, blind auf einem Auge und nicht perfekt. Aber das bin ich auch nicht (lacht).