«Auf einmal war ich selbst auf der anderen Seite als Stiftungsrätin.»

Sie wohnt in Coldrerio im Tessin und arbeitet in Basel. Beruflich ist Mireille Seidler Rugel, Geschäftsführerin der Personalstiftung Transporta, viel unterwegs. Ihre letzte Reise als Stiftungsrätin der Swisscanto Anlagestiftungen führt die gebürtige Jurassierin zur Anlegerversammlung nach Zug. Hier erklärt sie, warum sie ihr Amt als Stiftungsrätin niederlegt, worauf sie sich freut und was sie vermissen wird.

Frau Seidler Rugel, Sie waren jetzt vier Jahre als Stiftungsrätin für die Swisscanto Anlagestiftungen tätig. Warum hören Sie auf?

Ich finde, die unabhängigen Stiftungsräte sollten durch aktive Investoren vertreten werden. Denn diese kennen die Bedürfnisse und Wünsche der Anleger, so zum Beispiel das Bedürfnis nach liquiden und risikoarmen Anlagen. Meine Vorsorgeeinrichtung ist aufgrund einer strategischen Neupositionierung seit diesem Jahr nicht mehr Anlegerin der Swisscanto Anlagestiftung; deshalb ziehe ich mich aus dem Stiftungsrat zurück. Wir sind aber weiterhin in Swisscanto Fonds investiert.

Wie haben Sie die Zeit als Stiftungsrätin erlebt?

Ich habe sehr viel erfahren. Was passiert hinter den Kulissen? Wie ist die Anlagestiftung organisiert? Das war spannend. Aber ganz entscheidend für mich war der Perspektivenwechsel. Als Geschäftsführerin einer Pensionskasse berichte ich an Stiftungsräte und stelle Anträge. Auf einmal war ich selbst Stiftungsrätin und hatte die notwendigen Entscheidungen auf der Basis der erstellten Anträge zu treffen. Sind denn dazu alle Informationen vorhanden? Wurde der Antrag genügend erläutert? All diese Fragen gelten auch für meinen eigenen Stiftungsrat.

Mireille Seidler Rugel im Gespräch mit Sonja Spichtig.

Sie konnten sich also durch Ihre Stiftungsratstätigkeit zusätzliches Wissen für Ihre Haupttätigkeit als Geschäftsführerin aneignen?

Bestimmt. Auf der anderen Seite konnte ich als Stiftungsrätin mein Wissen und meine Erfahrungen aus der Praxis in die Swisscanto Anlagestiftungen einbringen. Welches sind die aktuellen Bedürfnisse der Pensionskassen für die Anlage? Was ist ihnen wichtig? Werden die Pensionskassen unsere neuen Produkte auch kaufen? Zentrale Fragen, die beantwortet werden müssen. Hier konnte ich die Interessen der Anleger einbringen.

Sie leiten die Personalstiftung Transporta bereits seit 2003. Wie sehen Sie als Fachfrau die Vorsorgesituation in der Schweiz?

Es muss sichergestellt werden, dass die steigende Lebenserwartung finanziert werden kann. Und das auf sozialverträgliche Art und Weise. Nun hat die berufliche Vorsorge zusammen mit der 1. Säule die Aufgabe, die Fortsetzung der gewohnten Lebenshaltung in angemessener Weise zu ermöglichen. Manchmal habe ich das Gefühl, dass die getroffenen Massnahmen für die Finanzierung der Lebenserwartung genügen, aber dadurch das Ziel der 2. Säule nicht mehr erreicht wird. Wir sollten nicht nur die Zahlen, wie zum Beispiel einen Umwandlungssatz, sehen, sondern auch deren Auswirkungen auf die Menschen. Ebenso müssen wir den jungen Versicherten unbedingt die Wichtigkeit der Vorsorge erklären. Mehr Informationen und gezielte Informationen sind meiner Meinung nach absolut zentral.

Die Anlegerversammlungen in Zug werden Ihre letzten sein. Was werden Sie an Ihre Zeit als Stiftungsrätin in Erinnerung behalten?

Es war eine wirklich intensive und spannende Zeit. Mir fallen verschiedene Themen ein, an die ich mich noch lange erinnern werde. Zum Beispiel die Lancierung der Anlagegruppe «AST Hypotheken Schweiz». Vor allem im Gedächtnis bleiben wird mir aber der Austausch mit den anderen Stiftungsräten. Sowie ein ganz spezieller Tag. Da haben wir unsere Stiftungsratssitzung für einmal von Zürich nach Appenzell verlegt. Unser Kollege hat uns auf eine Wanderung in seinen wunderschönen Kanton eingeladen. Diese Wanderung war legendär, denn dabei hat ein Stiftungsrat seine Schuhsohlen verloren.

Hat er den Abstieg trotzdem geschafft?

Ja, ein Kollege hatte eine Schnur dabei und so konnten die Sohlen festgebunden werden. Das war echte Teamarbeit.

Werden Sie Ihre Kolleginnen und Kollegen vermissen?

Natürlich. Unser Austausch, die Meinungsverschiedenheiten und das grundverschiedene Know-how von jedem werden mir fehlen. In ein solches Gremium bringt jede Person etwas Eigenes ein. Das macht das Ganze einzigartig.

«Meine Arbeit als Geschäftsführerin der Personalstiftung Transporta bereitet mir noch immer viel Freude.»

Ihre Nachfolgerin ist Pia Burch, Pensionskassenleiterin der Sika. Welchen Tipp geben Sie ihr mit auf den Weg?

Ich glaube nicht, dass sie mit ihrer langjährigen und breiten Erfahrung fachliche Tipps nötig hat. Aber sie soll neugierig sein, Fragen stellen und Spass haben!

Sie haben jetzt ein wenig mehr Zeit. Wie werden Sie diese nutzen? Worauf freuen Sie sich?

Ich werde ein bisschen weniger nach Zürich reisen. Einerseits schade, andererseits bin ich sehr viel unterwegs zwischen Basel, wo ich arbeite, und dem Tessin, wo ich lebe. Doch die gewonnene Zeit ist schon zu einem Teil verplant: Ich engagiere mich neu in der Qualitätskommission einer Ausbildungsorganisation im Kanton Jura. Ihre Aufgabe ist es, die Qualität des Kursunterrichts und der Prüfungen sicherzustellen.

Wie kam es dazu?

Seit vielen Jahren bin ich als Dozentin in dieser kantonalen Organisation im Jura tätig. Hier gebe ich Unterricht im Fach der beruflichen Vorsorge sowohl für den eidgenössischen Sozialversicherungsfachausweis wie auch für die Grundkenntnisse über die Sozialversicherungen. Deshalb wurde ich für eine Teilnahme in dieser neu gegründeten Kommission angefragt. Das freut mich natürlich sehr.

«Es muss sichergestellt werden, dass die steigende Lebenserwartung finanziert werden kann. Und das auf sozialverträgliche Art und Weise.»

Tönt nach einem straffen Programm.

Es macht mein Leben nicht eintönig. Ich mag meinen Beruf und die berufliche Vorsorge generell sehr. Aber ich kann auch entspannen: Ich bin gerne zu Hause, geniesse meinen Garten und koche mit meinem Ehemann für die Familie und unsere Freunde. Es macht uns ausserdem viel Spass, Zeit mit unseren Enkeltöchtern aus Graubünden zu verbringen. Dann reisen wir regelmässig zu unseren Familien im Jura, in Basel und in viele Ecken der Schweiz. Wussten Sie überhaupt, dass der Jura die Perle der Schweiz ist?

Wo sehen Sie sich in fünf Jahren?

Ich bin ein sehr zuversichtlicher Mensch. Ich bin offen für das, was auf mich zukommt. Das heisst, ich plane nicht gern weit voraus. Meine Arbeit als Geschäftsführerin der Personalstiftung Transporta bereitet mir noch immer viel Freude. Meine Aufgaben sind sehr vielseitig und reichen von der Entwicklung neuer Vorsorgepläne über die Beratung von Versicherten bis zur Revision der Reglemente, Wahlprozesse von Anlageprodukten und Sanierungen von Liegenschaften. Diesem spannenden Job werde ich bestimmt noch eine Weile treu bleiben.

Danke für das spannende Gespräch und viel Erfolg für die Zukunft!

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